Evangelische Lukas-Kirchengemeinde Jeserig und
Evangelische Kirchengemeinde Brandenburg-Ost

im Evangelischen Kirchenkreis Mittelmark-Brandenburg
Unsere Gemeindeteile:
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Gemeindeteil Wust

Wuster Ortsgeschichte

Wust ist heute ein Straßendorf, das jedoch im Zentrum um die Kirche einen sehr alten Kern hat. Im Jahr 1324 wurde das im 13. Jahrhundert angelegte Dorf erstmalig in einer Steuerurkunde erwähnt. Mehrere Herrschaften (Roscow zu Brandenburg, Schmergow zu Spandau, Hospital zum Heiligen Geist Brandenburg-Neustadt) wechselten sich ab. 1375 gab es bereits einen eigenen Pfarrer, 1624 zählte Wust zehn Bauern und einige wenige Kossäten. 1772 waren es zwölf Bauern und 15 Kossäten. Ab dem 18. Jahrhundert etablierte sich in Wust zudem die Schifferei.
1837 wurde Wust Rittergut, jedoch ohne Gutshaus. Ende des 19. Jahrhunderts entstand die Ziegelei der Familie Schrobsdorf. Deren Villa gibt es bis heute. Eine zweite Ziegelei kam bald hinzu, beide wurden bis 1907 betrieben. Das Dorf erweiterte sich ständig nach Westen und nach Südosten bis hin zur Chausseestraße nach Brandenburg. Seit 1872 gehörte Wust zum Amt Schmerzke, ab 1993 zum Amt Emster-Havel, seit 2003 gegen den Willen der Gemeinde zur Stadt Brandenburg. Die Einwohnerzahl wuchs beständig (1905: 435) auf heute gut 450.

Die Wuster Kirche

Errichtet wurde der stattliche Kathedralbau 1880-82 unter Stadtbaurat Sasse aus Brandenburg anstelle eines spätgotischen Vorgängerbaus, dessen Turmunterbau aus dem 15. Jahrhundert einbezogen wurde. In den 1960er Jahren verfiel die Kirche und sollte in den 70er Jahren nach Beschluss des Gemeindekirchenrats teilabgerissen werden. Dieser Abriss kam wegen Geldmangels und auf Grund der Intervention des Rates der Gemeinde nicht zustande. Es wurde jedoch sämtliches Inventar ausgelagert bzw. verkauft. Dank des Engagements Wuster Bürger, die sich im Verein kulturWust zusammenfanden, wurde die Kirche nach der Wende saniert. Die Ausstattungsstücke wurden in Eigeninitiativen der Wuster zurückgeführt. Die Besonderheit ist eine Doppelnutzung der Kirche sowohl als Veranstaltungsort des Vereins (für Ausstellungen und Konzerte) als auch als Gottesdienstort der Kirchengemeinde. Verein und Gemeinde arbeiten in enger Kooperation miteinander und veranstalten einige Formate wie das Erntefest gemeinsam.
Die Kirche ist ein neugotischer Ziegelbau mit quadratischem Westturm, der von einem steinernen Spitzhelm mit Krabbenaufsatz abgeschlossen wird. Die Apsis ist fensterlos und wird von einem Himmel mit Schinkel-Sternen bekrönt. Die Ziegel des kunstvollen Eingangsportals (mit Eckpfeilern und Kreuzblumenbekrönung) sind mit „Seeger-Parey Rathenow“ gestempelt. Das Kirchenschiff ist ein roter Ziegelbau mit strebepfeilerartigen Wandvorlagen, zwischen denen die Spitzbogenfenster liegen. Der Fußboden ist mit roten Sandsteinplatten belegt. Unter der Empore befindet sich eine heizbare, jetzt abgeschlossene Winterkirche. Der alte Ofen der Kirche, um 1900 in der Hölter Eisenhütte angefertigt, ist noch funktionstüchtig. Der Altar wurde 2019 auf altem Fundament neu aufgemauert, das Rentabel soll restauriert und wieder aufgesetzt werden. Die Kirche verfügt über eine Bronzeglocke von 1480, die zweite Glocke von 1720 wurde im Ersten Weltkrieg abgeliefert. Die Taufschale ist eine Beckenschlägerschüssel von 1687 mit Relief des heiligen Georg, die Patene trägt die Inschrift „zu D: Wusdichge Kirge: Anno: 1713“. Die 1974 verkaufte Heise-Gesell-Orgel wurde 2020 zurück erworben und soll restauriert werden.

Das mit den Äpfeln - Andacht zum Erntefest in Wust

Zuerst war es einer. Groß und rund und fertig. Schön anzusehen, mit dem Hauch eines roten Bäckchens auf der einen Seite. Ich habe mich herangeschlichen und habe ihn betrachtet. Wenn ich jetzt Hunger gehabt hätte, dann würde ich mich wohl gebückt und genüsslich hineingebissen haben, in den Apfel, der davon des Nachbarn Baum heruntergefallen und auf meinem Rasen gelandet war. Aber ich war satt und bin wieder gegangen. Als ich am nächsten oder übernächsten Tag kam, waren es drei, und irgendwann lagen sie da wie gesät. Nur Hunger hatte ich nie oder keine Zeit. Einmal winkte mich meine Nachbarin an den Zaun und sagte: Die Äpfel sind köstlich, bestens geeignet für Apfelmus. Apfelmus also. Kochen kann ich ja ein bisschen, aber Apfelmus habe ich noch nie gemacht. Ja, dachte ich, man könnte doch eine der alten Damen aus der Gemeinde anrufen und befragen oder ganz einfach googeln. Bei Chefkoch.de, da gibt’s wahrscheinlich 1.000 Apfelmusrezepte.
So lief ich Tag für Tag an den Äpfeln vorbei. Merkte erst gar nicht, dass sie braune Stellen bekamen. Noch ein paar Tage später fing es an, vergoren zu riechen. Und irgendwann bin ich dann mit der Schaufel losgezogen und habe den Matsch in die braune Tonne befördert. Ein schlechtes Gewissen habe ich dabei gehabt. Und an meine Oma gedacht, der so etwas niemals passiert wäre. Sie wusste noch, was das ist: Hunger. Brennesselsalat und Rübensuppe aus der Not heraus. Da wäre kein Apfel verfault. Auch mein Nachbar war schon am Zaun und hat mir gesagt, es täte ihm leid, dass ich so viel Arbeit mit den Äpfeln hätte, und er würde im Herbst den überhängenden Ast absägen. So ist das oft, wenn man die Fülle hat. Man verlernt es, sie zu schätzen.

Dem Volk Israel ging das so ähnlich, als sie durch die Wüste liefen. Hunger hatten sie. Glaubten längst nicht mehr an das gelobte Land, das Gott ihnen versprochen hatte. Ein Land, in dem Milch und Honig fließen. Hunger hatten sie. Wollten zurück in die Sklaverei nach Ägypten, der sie gerade erst entflohen waren. Knurrten und schimpften auf Mose und Gott. Und dann ließ Gott es regnen in der Wüste. Kleine runde Bröckchen. Und sie fragten: Man-hu? Das heißt: Was ist das? Wir kennen das unter dem Begriff: Manna. Und sie waren glücklich und tanzten. Aber nach kurzer Zeit, da es jeden Morgen Manna regnete, fanden sie das total normal. Und noch ein bisschen später knurrten und schimpften sie wieder: Immer nur das blöde Manna, man kann ´s schon nicht mehr sehen, das Zeug.

Mir kommt das bekannt vor. Um jede Banane habe ich Schlange gestanden, damals, zu DDR-Zeiten. 1989 habe ich mich satt gegessen mit Bananen, und heute? Ich sehe sie, die Bananenberge in den Läden, und ich sehe sie doch eigentlich schon nicht mehr. Es ist gut, dass es Feste gibt wie Erntedank. Wo ich mit der Nase drauf gestupst werde, dass das doch eigentlich gar nicht so normal und selbstverständlich ist, dass ich nicht nur satt bin, sondern essen kann, worauf ich Lust habe. Wo ich merke, dass ein wenig Dankbarkeit mir ganz gut zu Gesicht steht. Dankbarkeit, die nicht zur Floskel verkommt wie manches Tischgebet, da, wo Menschen das überhaupt noch kennen. Dankbarkeit, die einen Adressaten hat. Ich habe gegoogelt. 1.333 Apfelmus-Rezepte bei Chefkoch.de. Ausgefallene Sachen mit Zimt und Rosinen. Apfelmus trifft Vanille-Creme finde ich besonders verlockend. Ich habe auch schon Einweckgläser gekauft. Und meinem Nachbarn gesagt: Der Ast bleibt dran! Und nächstes Jahr, da bringe ich Apfelmus mit, wenn wieder Erntefest ist - in Wust

(Christiane Klußmann)


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